NVA-Haudegen Thomas Hector war auf fast allen Funkmasten
Erst hat er der DDR gedient, dann Deutschland: Soldat Thomas Hector (54) kennt sämtliche Funkmasten der Deutschen Marine. An vielen hat er als Elektriker sogar persönlich geschraubt. Der NVA-Haudegen der Marinetechnikschule Parow könnte in luftigen Höhen sogar Handys reparieren.
Soldat Thomas Hector (54) könnte in luftigen Höhen sogar moderne Handys reparieren. Über die Jahre hinweg hat der Elektroniker und Ausbilder an der Marinetechnikschule Parow (MTS) zahlreiche Funkanlagen der Deutschen Marine erklommen – egal ob auf dem Land oder zur See. „Der höchste Punkt auf einer Fregatte befindet sich in etwa 45 Metern Höhe“, sagt Hector, der auch Trainer für Höhenrettung ist. „Vom Deck aus geht es noch 20 Meter in die Höhe.“ An Bord müsse das nicht jeder können. Doch es gibt immer „Seemänner“, die auch dafür trainiert werden – von Thomas Hector. Entweder direkt auf dem Schiff oder bei einem Lehrgang in der Strelasund-Kaserne. „Jemand, der Höhenangst hat, kann das nicht machen“, sagt Hector. „Als Trainer stellt man schnell fest, ob ein junger Soldat es drauf hat oder nicht.“
Thomas Hector hat es drauf. Schon lange. Dies zeigt auch sein Dienstgrad bei der Marine – Oberstabsbootsmann (OSB) – davon gibt es an der MTS nur wenige. In einem Szenario muss sich der Auszubildende einfach in seinen Gurt fallen lassen. „Das Seil fängt einen auf“, sagt Hector. „Dafür braucht man Vertrauen.“ Und Sicherheit im Umgang mit dem Equipment ist wichtig. Denn ganz oben an den Funkmasten fängt die eigentliche Arbeit des Technikers erst an. „Die Höhe muss man ausblenden“, sagt er, „und sich auf den Job konzentrieren.“ Nach der Arbeit winkt meist ein beeindruckender Ausblick. „Vom Rand des Rostocker Fernsehturms aus habe ich erst gesehen, wie unglaublich grün die Hansestadt an der Warnow ist.“ Hector fing als Funker an und wurde im Laufe der Karriere zum Techniker. Lange Zeit war das Bauen, Warten und Reparieren der Funk- und Fernmeldetechnik in MV sein Job. Nun bildet er die jungen Soldaten aus – bringt ihnen das Hightech-Löten bei bzw. wie man selbst Platinen und elektronische Module baut. „Pro Klasse können wir 20 Soldaten aufnehmen“, sagt er. Erst werden die jungen Soldaten zu Elektronikern ausgebildet, nach der IHK-Prüfung erfolgt die Spezialisierung, angepasst an unterschiedliche Waffensysteme, nicht nur für die Marine, sondern auch für Luftwaffe und Heer.
Der gebürtige Demminer, der heute mit seiner Familie in der Gemeinde Preetz bei Stralsund lebt, zählt mit seinen 54 Jahren zu den alten Haudegen an der MTS. Angefangen hat seine militärische Laufbahn schon vor der Wende, 1987 stieg er als Soldat der Nationalen Volksarmee (NVA) ein. Eigentlich wollte er über diesen Weg studieren – doch durch den Übergang von DDR zur BRD wurde daraus nichts. „Mein NVA-Verband war damals der erste, der von Peenemünde in den Westen gefahren ist“, erinnert er sich an die Situation. „Es war schon komisch. Aber wir haben unseren Job gemacht und die ihren. Was mir persönlich an Flensburg in Erinnerung geblieben ist: Dort im Hafen war das Wasser klarer“, so Hector.
Die Wendezeit war für viele der NVA-Soldaten schwierig. Halt und Sicherheit gab Hector jedoch die Deutsche Marine, die den Soldaten übernahm. „Da bin ich reingewachsen“, sagt er heute. „Lange wusste man nicht, wo die Reise hingeht. Da war man schon ängstlich.“ Nach der Übernahme konnte er sich rasch eine neue Berufsperspektive erarbeiten. „Nach mehr als 30 Jahren sieht man heute kaum noch Soldaten mit NVA-Vordienstzeit“, sagt er.
Für seine heutigen Auszubildenden ist die Situation eine andere. „Wir zeigen den jungen Menschen gleich klare Chancen auf, bieten ihnen eine Berufsperspektive“, sagt Hector. „Bei einem guten Einkommen.“ Wer seine Ausbildung zum Systemelektroniker bei der MTS macht, würde gleich ein normales Soldatengehalt bekommen, welches über dem Einkommen eines vergleichbaren Azubis aus der freien Wirtschaft liegt.
Erstmalig angeheuert bei der MTS hat Hector im Jahr 2000. Nach einem vierjährigen Intermezzo am Marineamt in Rotsock, bei dem er für alle Landfunkstellen der Marine verantwortlich war – kehrte 2012 jedoch nach Parow zurück. (OZ) Fotos: MTS
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