Der Marineausrüster Atlas Elektronik aus Bremen (eine Tochter der ThyssenKrupp) hat dieses Jahr eine wichtige Testetappe seines Torpedoabwehr-Torpedos abgeschlossen. Das Portal „Topwar“ berichtet über das Waffensystem, genannt „SeaSpider“.
Wo die herkömmliche Torpedoabwehr versagt, soll demnächst der „SeaSpider“ zum Einsatz kommen. Das „Hard-Kill“-System von Atlas Elektronik dient vor allem dem Torpedoschutz von Zerstörern, Fregatten und Korvetten – Überwasserschiffen allgemein. Eine Anwendung von „SeaSpider“ auf U-Booten ist nach Firmenangaben allerdings auch angedacht. „Hard Kill“ soll heißen, der angreifende Torpedo wird nicht etwa durch Täuschkörper abgelenkt und vom Ziel weggeführt (dieses Verfahren hieße „Soft Kill“), sondern durch Direkteinschlag bekämpft und zerstört.
Die Wehrtechnische Dienststelle für Schiffe und Marinewaffen (WTD 71) in Eckernförde hat den „SeaSpider“ im April dieses Jahres getestet. Die komplette Funktionskette „Vom Sensor zum Schützen“ des Torpedoabwehrsystems wurde erprobt. Das Gesamtsystem wurde auf einem Erprobungsschiff installiert und musste eine TDKL-Mission absolvieren: Torpedo Detektieren, Klassifizieren und Lokalisieren. Eine vom Mk-37-Torpedo abgeleitete Unterwasserdrohne und mehrere Torpedos des Typs DM2A3 simulierten die Ziele.
Ein großes Problem für Torpedoabwehrsysteme sind U-Wasser-Geschosse, die ihre Ziele im Kielwasser verfolgen. Es braucht hochentwickelte Gesamtsysteme aus Sensorik und Waffe, um solche Torpedos abzuwehren. Der „SeaSpider“ verfügt über ein aktives und passives Zielerfassungssystem, das mit Frequenzen arbeitet, die laut dem Hersteller optimal auf die Abwehr von Torpedos im Kielwasser von Kampfschiffen eingestellt sind. Interferenzen mit den Sensoren des Kampfschiffs sind ausgeschlossen. Laut einem Datenblatt von Atlas Elektronik ist der „SeaSpider“ circa zwei Meter lang und 21 Zentimeter breit, bestehend aus vier Sektionen: je eine für den Antrieb, für den Gefechtskopf und für das Zielführungssystem – zum Zweck der vierten Sektion macht der Hersteller keine Angaben. Angetrieben wird der Abwehrtorpedo von einem Feststoff-Booster: Heiße Verbrennungsgase, die aus einer Düse austreten, treiben das Geschoss voran. Der Gefechtskopf des „SeaSpider“ ist mit einem Fernzünder ausgerüstet.
Ein Kampfschiff vom Typ einer Korvette agiert oft in küstennahen Gewässern. Es benötigt daher Abwehrsysteme, die auch dort präzise eingesetzt werden können, wo geringe Wassertiefen und Unebenheiten des Meeresbodens die Funktionsweise des Zielsuchkopfs beeinflussen können. Das Abwehrsystem muss auf kurze Distanz und in kurzer Zeit reagieren. Den „SeaSpider“ entsprechend schnell ins Wasser zu bringen, wird durch einen nach unten geneigten Startcontainer bewerkstelligt. Der Abwehrtorpedo wird mittels Druckluft aus dem Container gestartet und schießt nah an der Wasseroberfläche ins Ziel. Überdies vereinfacht die Container-Bauweise die Logistik und macht es möglich, die Anzahl der Abwehrtorpedos je nach Schiffstyp und Mission zu variieren.
Der Abwehrtorpedo wird mittels des bordeigenen Sonars auf das Ziel angesetzt. Bei der Erprobung in Eckernförde wurde besonders die Datenübertragung zwischen Schiffssonar und Geschoss sowie zwischen Geschoss und Leitstand getestet. Hat das TDKL-System den angreifenden Torpedo erkannt, eingestuft und geortet, wird der Gegentorpedo von einem Bedienerpult am Startcontainer oder einer Bedienkonsole am Leitstand aus gestartet. Der „SeaSpider“ muss noch weitere Test durchlaufen. Nach Herstellerangaben hat das Gesamtsystem „SeaSpider“ bisher die Entwicklungsstufe eines Erprobungsträgers erreicht. Gegenwärtig läuft die Entwicklung und der Testbetrieb von Systemkomponenten. Bei der Antriebstechnik zum Beispiel arbeitet Atlas Elektronik mit der kanadischen Magellan Aerospace zusammen. Bis 2023-24 soll das Torpedoabwehrsystem einsatztauglich sein.