Zitat von Hanns im Beitrag #6
MS-21-300
Russlands Luftfahrtkonzern OAK hat auf YouTube ein Video vom Testflug des Passagierjets vom Typ MS-21-300 (des dritten Testmodells der Maschine) in Irkutsk veröffentlicht.
Das von den Testpiloten Andrej Woropajew und Roman Tasksjew gesteuerte Flugzeug stieg auf, machte mehrere Runden über dem Flugplatz des Irkutsker Flugzeugwerks, landete dann und rollte zu seinem Stellplatz.
https://www.youtube.com/watch?time_conti...p;v=wNatc5dEkrs
Die Kleinvariante des russichen Superjet wird wohl nicht mehr abheben. Das wirft einen Schatten auf die MC21, das nächste Flugzeug-Großprojekt in Russland.
Angeblich verzichtet Russland auf den geplanten Bau einer kleineren Version des SSJ100. Das teilte der Chef der zweitgrößten russischen Fluglinie S7, Wladislaw Filjow mit. Er sei vor zwei Wochen auf einer Sitzung zur Entwicklung des regionalen Flugverkehrs gewesen. „Der Vertreter des Industrieministeriums berichtete, dass entschieden wurde, den Suchoi Superjet mit 75 Sitzplätzen nicht zu machen, da es keine Nachfrage danach gibt“, sagte Filjow. Der wichtigste Klient für den Flugzeugbauer sei die staatliche Aeroflot – und diese nehme nur Maschinen mit über 100 Sitzen.
Der Sukhoi Superjet (SSJ 100) ist eigentlich ein Prestigeprojekt der russischen Luftfahrtindustrie. Es ist das erste moderne postsowjetische Passagierflugzeug und sollte der Airbus 320-Familie und der Boeing 737 Konkurrenz machen. Der für Kurz- und Mittelstrecken ausgelegte Flieger ist seit 2011 in Betrieb – allerdings viel zu selten. Rund 190 Maschinen wurden inzwischen hergestellt, von denen aber weniger als 120 in der Luft sind. Viele stehen inzwischen wegen notwendiger Reparaturen still. Statistisch gesehen fliegt der SSJ 100 nur 3,3 Stunden am Tag. Die Konkurrenz von Boeing und Airbus ist in der Zeit zehn Stunden unterwegs.
Das macht den Betrieb für viele Gesellschaften unrentabel. Die mexikanische Interjet ist der einzig größere internationale Kunde. Als Besitzer von 22 Flugzeugen der Marke hat sie auf eine Nachbestellung verzichtet und ist seit geraumer Zeit wegen der Reparaturkosten im Clinch mit dem Hersteller, der russischen Staatsholding OAK. Treuester Kunde ist die Aeroflot, die sich als mehrheitlich staatliche Fluggesellschaft aber auch kaum ablehnen könnte, die eigene Luftfahrtindustrie mit Aufträgen zu unterstützen.
Der privaten Fluggesellschaft S7 hingegen, die auf Regionalflüge in Russland spezialisiert ist, waren die SSJ 100 mit über 100 Sitzplätzen zu groß, weil die Auslastung auf vielen Routen nicht gegeben war. Das Unternehmen hatte stattdessen – durchaus patriotisch – ein Auge auf die kleinere Variante geworfen; den 75-Sitzer SSJ 75. 2018 unterzeichneten OAK und S7 eine Absichtserklärung über den Kauf von 50 Maschinen.
Laut Filjow hätte die kleinere Variante auch eine Reihe technischer Probleme lösen können. So hätte das geringere Gewicht Triebwerke und Flügel – beides Schwachstellen am SSJ 100 – weniger belastet. Doch die OAK tat sich schwer, weitere Kunden zu finden. Im Frühjahr traf das Unternehmen die Entscheidung, die Weiterentwicklung zu verschieben, um sich stattdessen auf die Ersatzteilproduktion für den SSJ 100 zu kümmern und nicht mehr am Import zu hängen.
Das mit 85 Milliarden Rubel (rund 1,2 Milliarden Euro) finanzierte Projekt wurde eingefroren.
Damit nimmt das Image der russischen Flugzeugindustrie weiter Schaden. Das dürfte sich auch auf das nächste Prestigeprojekt Moskaus auswirken. Der MC-21 soll mit einer Kapazität von 150 bis 210 Sitzen eigentlich der große Bruder des SSJ 100 werden. Mehrfach musste die geplante Markteinführung des MC-21 verschoben werden. Zuletzt wurde der Termin 2021 genannt.
Allerdings hat das Projekt schwer unter den westlichen Sanktionen zu leiden. Triebwerke und das zur Erleichterung der Flügel dienende Kompositmaterial sollten ursprünglich aus dem Ausland bezogen werden. Diese Lieferungen sind angesichts drohender Sanktionen unsicher, so dass die OAK inzwischen fieberhaft an einem eigenen Ersatz arbeitet. Daher wurden zuletzt schon Spekulationen laut, dass der MC-21 sogar erst 2025 serienmäßig abhebt.
Angesichts der Schwierigkeiten seines Vorgängers sowie der Sanktionen, die dem Sektor potenziell drohen, sind die Erfolgsaussichten für den MC-21 dabei alles andere als klar. Natürlich kann die Regierung mit Protektionsmaßnahmen den MC-21 auf dem russischen Luftmarkt durchdrücken, doch eine Fokussierung allein auf russische Fluglinien reicht nicht, damit sich das milliardenschwere Projekt rentiert.