NATO-Marine HQ Rostock Die Deutsche Marine plant, in Rostock ein NATO-Marinehauptquartier für die Ostsee aufzustellen. Damit werde sich von 2019 an der nationale Stab in Rostock zum multinational besetzten "Baltic Maritime Component Command" weiterentwickeln, hieß es von der Marine. Dann könnte die Deutsche Marine von Rostock aus einen ganzen NATO-Flottenverband in der Ostsee führen. Zu den Hauptaufgaben zähle die Landes- und Bündnisverteidigung.
Rostock soll Deutschlands Marine-Hauptstadt werden
Für mehr als 66 Millionen Euro ist in Rostock ein internationaler NATO-Stützpunkt für Seestreitkräfte geplant. Eine besondere Herausforderung stellt dabei der Hochsicherheitstrakt dar. In Warnemünde-Hohe Düne sollen fünf neue Korvetten stationiert werden. In drei bis fünf Jahren soll aus dem militärischen Multifunktionsgebäude das Führungszentrum der Deutschen Marine im Dienst der NATO werden.
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat in Rostock das maritime taktische NATO-Hauptquartier für den Ostseeraum eingeweiht. ( CTF Baltic) Dabei unterstrich er die Rolle des Hauptquartiers zum Schutz der NATO-Staaten und die wachsende Bedrohung durch russische Aggressionen in der Region. Von Rostock aus sollen künftig die Marineaktivitäten der NATO auf der Ostsee koordiniert werden. Das Einsatzzentrum kann aktuelle Lagebilder erstellen, um feindliche Aktivitäten schnell zu erkennen. Egal ob Flieger oder Wasserfahrzeug- jede Aktivität und für alle Nato Schiffe in der Ostsee.
Nato-Hauptquartier oder nationale Einrichtung? Streit um Marine-Posten in Rostock
Russlands Proteste werfen Fragen zum 2+4-Vertrag auf. Verletzen Deutschland und die Nato historische Vereinbarungen? Aufklärung über Hintergründe.
Am 1. Oktober 2024 wurde in Rostock ein neues Marine-Hauptquartier eröffnet. Zahlreiche Medien sprachen davon, dass es sich um ein Nato-Hauptquartier handele. Beispielsweise der NDR, Deutschlandfunk und die Zeit.
Nachdem Verteidigungsminister Boris Pistorius am 21. Oktober das neue Hauptquartier eingeweiht hat, wurde der deutsche Botschafter in Russland Alexander Graf Lambsdorff von der russischen Regierung einbestellt, um gegen die Eröffnung des neuen Marine-Hauptquartiers in Rostock offiziell zu protestieren.
Die Bundeswehr betonte, dass es sich um ein "nationales Hauptquartier mit multinationaler Beteiligung" handele. In der Pressemitteilung des Bundesverteidigungsministeriums wird unterstrichen, dass Deutschland im Hauptquartier die Führungsrolle übernimmt:
CTF Baltic ist ein nationales Hauptquartier mit multinationaler Beteiligung. Es wird durch einen deutschen Admiral geführt. Die Position seines Stellvertreters wird zunächst mit einem polnischen Admiral besetzt, die des Chefs des Stabes mit einem schwedischen Stabsoffizier. Auch nachgeordnete Führungspositionen sind multinational besetzt.
Daher betonen nun Medienvertreter jetzt nachträglich , dass es eben nicht um ein neues Nato-Quartier handelt und beispielsweise korrigiert Spiegel.de entsprechend seine Berichterstattung.
In einer früheren Version wurde der Marineposten in Rostock als Nato-Hauptquartier bezeichnet. Tatsächlich handelt es sich um ein nationales Hauptquartier, das im Austausch mit Nato-Partnern den Ostseeraum überwachen soll. Wir haben die entsprechenden Passagen korrigiert.
Nichtsdestotrotz sprechen einige Medienberichte weiterhin von einem Nato-Hauptquartier, was aber ein Bruch des 2+4-Vertrages wäre.
2+4-Vertrag Moskau forderte auch von Deutschland eine sofortige Erklärung, denn es sieht in der Einrichtung des Marine-Hauptquartiers einen Verstoß gegen den 2+4-Vertrag, der 1990 die deutsche Wiedervereinigung ermöglicht hatte.
Dieser hat die Stationierung von "Streitkräften anderer Staaten" auf dem Gebiet der ehemaligen DDR ausdrücklich untersagt.
Der entscheidende Satz im 2+4-Vertrag findet sich unter § 5.3:
Ausländische Streitkräfte und Atomwaffen oder deren Träger werden in diesem Teil Deutschlands weder stationiert noch dorthin verlegt.
Zudem ist eine Vereinbarte Protokollnotiz zu berücksichtigen:
Alle Fragen in Bezug auf die Anwendung des Wortes "verlegt", wie es im letzten Satz von Artikel 5 Abs. 3 gebraucht wird, werden von der Regierung des vereinten Deutschland in einer vernünftigen und verantwortungsbewussten Weise entschieden, wobei sie die Sicherheitsinteressen jeder Vertragspartei, wie dies in der Präambel niedergelegt ist, berücksichtigen wird.
Streitkräfte-Frage Tatsächlich sind neben Deutschland noch elf weitere Nato-Länder personell an CTF Baltic beteiligt: Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Lettland, Litauen, Niederlande, Polen und Schweden. Das Bundesverteidigungsministerium schreibt:
Soldatinnen und Soldaten aus diesen und weiteren Partnerländern können 60 multinationale Dienstposten von 180 im CTF Baltic bereits in Friedenszeiten besetzen. Im Krisen- und Konfliktfall kann der Stab auf bis zu 240 Dienstposten aufwachsen.
Blick in die Geschichte Es lohnt sich an dieser Stelle ein Blick zurück, da der 2+4-Vertrag und sein Entstehen nicht nur im Zentrum der Wiedervereinigung Deutschlands, sondern auch der Nato-Osterweiterung steht, die zum Kern des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine gehört und nun einen scharfen Protest Moskaus auslösen.
In einer Mitteilung des russischen Außenministeriums heißt es:
Washington, Brüssel und Berlin müssen sich darüber im Klaren sein, dass die Ausweitung der militärischen Infrastruktur der Nato auf das Gebiet der ehemaligen DDR die negativsten Konsequenzen haben wird.
Stellvertretend für die äußerst komplizierten Verhandlungen zur deutschen Wiedervereinigung, die im Zusammenhang mit der hochkomplexen Frage nach der Nato-Osterweiterung manchmal etwas holzschnittartig dargestellt werden, sollen nur zwei Situationen hier skizziert werden, die sich in den Schlüsselmomenten der sowjetisch-deutschen Verhandlungen ereignet haben, die selbstverständlich nicht juristisch bindend sind – im Gegensatz zum 2+4-Vertrag –, aber etwas vom Geist der Verhandlungen vermitteln.
Am 10. Februar weilte die deutsche Delegation einen Tag in Moskau. Im Gespräch mit dem sowjetischen Generalsekretär Michail Gorbatschow versicherte der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl, nachdem er bekräftigt hatte, er wolle "die Sicherheitsinteressen der Sowjetunion berücksichtigen, sowohl die tatsächlichen als auch die, die im Psychologischen lagen":
"Wir sind der Meinung, dass die Nato ihren Geltungsbereich nicht erweitern sollte." Im deutschen Gesprächsprotokoll heißt es zudem: "Natürlich kann die Nato ihr Gebiet nicht auf das heutige Gebiet der DDR ausdehnen."
Mitte Juli 1990 findet dann das zweite und letzte Treffen zwischen der sowjetischen und der deutschen Delegation statt. Die wirtschaftliche Lage in der UdSSR hatte sich derweil massiv verschlechtert und der deutschen Seite war bekannt, dass die deutsche Finanzhilfe von fünf Milliarden DM bereits verbraucht war.
Da das deutsche Gesprächsprotokoll nur in in direkter Rede ist, folgt der Artikel hier der Originalquelle aus dem Bundesarchiv:
Präsident Gorbatschow fährt fort, dass mit der Herstellung der vollen Souveränität Deutschlands einige Hauptprinzipien festgestellt werden müssten, nämlich auch die Nichtausdehnung der militärischen Strukturen der Nato auf das Gebiet der heutigen DDR. BM Genscher bemerkt, in dem abschließenden Dokument müsse festgestellt werden, dass Deutschland das Recht habe, sich einem Bündnis seiner Wahl anzuschließen. Es sei klar, daß dies die Nato sein werde.
Später folgt dann Gorbatschows Kompromissvorschlag:
Präsident Gorbatschow wirft ein, wenn in der bilateralen Vereinbarung gesagt werde, nach dem Abzug der sowjetischen Truppen werde nichts unternommen, was die Sicherheit der Sowjetunion beeinträchtige, so stelle dies keine Einschränkung der Souveränität Deutschlands dar.
Nach Klärung der hieraus sich ergebenden praktischen Fragen über den Abzug der sowjetischen Soldaten sowie die Stationierung deutscher, betont Gorbatschow:
Die Sowjetunion wolle nicht nur abziehen, sondern sie wolle auch keine Erstreckung des Nato-Territoriums. BM Genscher wirft ein, wir hätten immer die Auffassung vertreten, daß keine Zonen unterschiedlicher Sicherheit entstehen dürften. Dies müsse auch für das Gebiet der heutigen DDR gelten. Präsident Gorbatschow bemerkt, das sei das souveräne Recht Deutschlands. Aber man spreche jetzt davon, daß keine Nato-Strukturen dort hinzukommen. AM Genscher fährt fort, die Garantie der Nato für Deutschland gelte für das vereinigte Deutschland unabhängig von der Stationierung der Nato-Truppen. Präsident Gorbatschow stimmt zu.
Letzte Minute In der UdSSR spitzte sich anschließend die wirtschaftliche Notlage weiterhin zu. Anfang September 1990 forderte Gorbatschow von Deutschland 18,5 Milliarden DM.
Die deutschen Vorstellungen beliefen sich auf weniger als ein Drittel. Am 10. September ging Kohl dann über die intern gezogene äußerste Verhandlungslinie von 11 Milliarden hinaus und bot 12 Milliarden sowie einen zinslosen Kredit in Höhe von drei Milliarden DM. Gorbatschow nahm an.
Nur zwei Tage später unterschrieben die vier Besatzungsmächte sowie die BRD und die DDR den sogenannten 2+4-Vertrag. Im letzten Moment platzte die Unterzeichnung fast, weil die britische Seite ein grundsätzliches Verbot für Nato-Truppen auf dem DDR-Gebiet nicht akzeptieren mochte.
Sprichwörtlich in letzter Minute wurde sich auf obige Protokollnotiz geeinigt, die feststellte, dass künftige militärische Nato-Aktivitäten ausländischer Nato-Truppen auf DDR-Boden nicht kategorisch verboten werden sollten.
Der Unterschied ist fundamental. Wie Philip Zelikow, ein Berater Bakers, später offenbarte, dachte er hierbei besonders an Polen. In gewisser Weise ist dies der erste Schritt einer Expansion der Nato nach Osten.
Geist des Vertrages Juristisch ist der 2+4-Vertrag recht eindeutig. Aufgrund des hochsensiblen Themas und der komplexen und schwierigen Verhandlungen, spielt für die russische Seite seit jeher aber auch eine andere Dimension des Vertrages eine Rolle.
Der erste russische Präsident Boris Jelzin hatte bereits im September 1993, als die ersten konkreteren Andeutungen einer möglichen Nato-Osterweiterung aufkamen, in einem Brief an den US-amerikanischen Präsidenten Bill Clinton betont, dass nicht nur die juristische Seite des 2+4-Vertrages relevant sei:
Der Geist des Vertrages über die endgültige Regelung ... schließt die Option einer Ausweitung der Nato-Zone nach Osten aus.
Eine Meinung, die sein jahrelanger Gegner Michail Gorbatschow in seinem letzten Buch explizit geteilt hat: "Russland hatte das volle Recht zu verlangen, dass die Gegenseite nicht nur getreu den Buchstaben, sondern im Geiste der damaligen Vereinbarungen und Verpflichtungen handelt."
Seit Jahren wird offen kommuniziert, Bundesmarine soll vom neuen HQ Rostock aus den NATO-Verband "Ostsee" führen. Im Frieden halt alle multinationalen Schiffe der Verbündeten in der Ostsee. Jetzt brauchen wir keine Wortklauberei. Das ist letztendlich ein vorgeschobenes HQ der Nato und untersteht der Nato Führungsstruktur direkt.
Oder was sollen z.Bsp. die Italiener, die Holländer oder die Briten als Nicht-Ostsee-Anrainer in diesem HQ Tagein Tagaus sitzen ?
"Peinliche Pressemanöver um NATO-Kommando in Rostock. Die große Einweihung in Rostock mit Bundesverteidigungsminister Pistorius vergangene Woche scheint doch mehr Probleme zu machen, als das Verteidigungsministerium zugeben will. Wäre die Einbestellung des deutschen Botschafters unbegründet, müsste man nicht die Berichterstattung fälschen. Das neue Marinekommando in Rostock bereitet weiterhin Probleme. Erst wurde groß ein NATO-Kommando für die Ostsee vermeldet, aber kaum kamen die entsprechenden Verweise auf die Regelungen des 2+4-Vertrags, der die Stationierung ausländischer Truppen auf dem Gebiet der DDR verbietet, änderte sich die Sprachregelung: Plötzlich sollte das ein deutsches Kommando mit ausländischer Beteiligung sein, und zwei Jahre Dienst auf deutschem Boden durch schwedische oder polnische Offiziere gelten nicht mehr als Stationierung. Allerdings war es nicht nur die Bundesregierung, die auf den offiziellen russischen Protest in Gestalt einer Einbestellung des deutschen Botschafters in Moskau mit sprachlichen Kapriolen reagierte, es war auch die Presse. Wie der Volkswirtschaftler Norbert Häring in seinem Blog schildert, wurde etwa der Artikel des Magazins Spiegel vom 22. Oktober nachträglich verändert. Ursprünglich hieß es dort: "Aus Protest gegen die Einweihung des maritimen NATO-Hauptquartiers in Rostock hat die russische Regierung den deutschen Botschafter in Moskau, Alexander Graf Lambsdorff, einbestellt." Nach der Änderung steht dort stattdessen zu lesen: "Aus Protest gegen die Einweihung des neuen Hauptquartiers der deutschen Marine in Rostock hat die russische Regierung den deutschen Botschafter in Moskau, Alexander Graf Lambsdorff, einbestellt." Diese Aussage ist schlicht falsch, da sich der russische Protest eben gerade nicht gegen ein "Hauptquartier der deutschen Marine" richtete. Bei der Anpassung an die neue amtliche Sprachregelung habe der Spiegel "entgegen journalistischen Standards" den Zeitstempel beibehalten, aber gleichzeitig die Internetadresse des Artikels geändert, um einen Vergleich der neuen mit der alten Version zu erschweren. Der NDR, auch darauf weist Häring hin, hatte auf die russische Kritik mit einer Darstellung reagiert, in der Experten behaupten, das Verbot der Stationierung ausländischer Streitkräfte in Ostdeutschland sei "nach 30 Jahren nicht mehr bindend". Das Verbot ausländischer Truppen gelte nur bis zum Jahr 1994. Tatsächlich sehen weder der Text des 2+4-Vertrages noch der des Einigungsvertrages eine derartige Zeitbegrenzung vor. All das legt nahe, dass das Verteidigungsministerium und die Bundesregierung wohl erst nachträglich bemerkt haben, dass sie sich auf rechtlich unsicherem Grund bewegten, und dann beträchtlichen Druck ausübten, um ihre neuen Formulierungen überall nicht nur durchzusetzen, sondern die alten Aussagen tatsächlich löschen zu lassen. Wobei Häring in seinem Bericht das deutlichste Beispiel nicht einmal anführt: Auch die ursprüngliche Pressemitteilung der NATO wurde gelöscht. Einzig die Presseerklärung des Verteidigungsministeriums selbst, die die Einweihung ankündigte, ist immer noch erhalten. Hier ist klar die Rede von einem "Hauptquartier für die NATO".