„Gehorsamsverweigerung“ beim Wachbataillon: Irrungen, Wirrungen und ein Freispruch Vor dem Amtsgericht Tiergarten ist ein Hauptfeldwebel des Wachbataillons der Bundeswehr vom Vorwurf der Gehorsamsverweigerung freigesprochen worden. Der 37-jährige hatte sich, nach einer vom Bundeswehrkrankenhaus festgestellten ansteckenden Lungenentzündung, nicht wie befohlen zur späteren korrekten Abmeldung bei seinem Kompaniechef einfinden wollen. In der Hauptverhandlung hatte dann allerdings selbst die Staatsanwaltschaft einen Freispruch gefordert.
Die Vorschrift sagt dazu eindeutig: "Bei Dienstvergehen, die zugleich Straftaten sind, haben die nächsten Disziplinarvorgesetzten neben der disziplinaren Erledigung gemäß § 33 Absatz 1 der Wehrdisziplinarordnung (WDO) auch die strafrechtliche Erledigung nach § 33 Absatz 3 WDO zu prüfen. Danach haben sie die Sache an die zuständige Strafverfolgungsbehörde abzugeben, wenn dies entweder zur Aufrechterhaltung der militärischen Ordnung oder wegen der Art der Tat oder der Schwere des Unrechts oder der Schuld geboten ist (Abgabepflicht)."
Der DV sah für sich wohl kein Ermessen in dem Sinne- denn die Vorschrift gesteht ihm pflichtgemäßes Ermessen zu. Lag damit in der Sache aber falsch.
Wie überall. Ein Chef kann Schwein sein oder Kamerad. Nur wird sich Schwein sein im Einsatz nicht bewähren. Wo absoluter Verlass auf den oder die Anderen ein Muß ist.
Ich bin der Meinung, der Hauptfeldwebel hätte nach Vorschrift handeln sollen: Gemäß A2-2630/0-0-2 meldet sich der Soldat unmittelbar nach Abschluss der Untersuchung oder Behandlung bei der Einheit zurück. Hier legt er dem Kompanie-/ Batteriefeldwebel den Krankenmeldeschein vor. Dieser zeichnet den Krankenmeldeschein ab und nimmt ihn zum Krankenmeldebuch der Einheit.
Ist der Soldat aufgrund einer Feststellung des Truppenarztes aus gesundheitlichen Gründen von einzelnen Dienstverrichtungen zu befreien, setzt gemäß A2-2630/0-0-2 der nächste Disziplinarvorgesetzte die truppenärztliche Empfehlung auf dem Krankenmeldeschein in konkrete Maßnahmen um. Dazu befiehlt er einen Beauftragten und ggf. einen Vertreter in der Einheit (regelmäßig den Kompanie-/Batteriefeldwebel), der in seinem Auftrag und unter seiner Verantwortung Abläufe steuert, Einzelmaßnahmen befiehlt und in Zweifels- und Ausnahmefällen unverzüglich die Entscheidung des Disziplinarvorgesetzten herbeiführt. Ist der Disziplinarvorgesetzte nicht erreichbar, handelt der Beauftragte immer zunächst grundsätzlich nach der Empfehlung des Truppenarztes.
Der Truppenarzt kann gemäß A2-2630/0-0-2 aus gesundheitlichen Gründen einen Soldaten von allen Dienstverrichtungen befreien und mit dessen Zustimmung die Empfehlung „krank zu Hause“ erteilen. Der nächste Disziplinarvorgesetzte entscheidet gemäß dieser Empfehlung über den Aufenthaltsort des Soldaten. Auch bei der „Entscheidung“ über den Aufenthaltsort hat der Disziplinarvorgesetzte grundsätzlich keinen Ermessensspielraum. Der erkrankte Soldat ist nach Hause in Marsch zu setzen. Der Soldat wählt im Sinne dieser Empfehlung frei den Ort als „zu Hause“ aus, bei dem für ihn die bestmögliche Krankenpflege bzw. Betreuung zu erwarten ist. Dies muss nicht zwingend unter der eigenen Wohnanschrift sein. Als Aufenthaltsort „zu Hause“ in diesem Sinne kommt z.B. auch die elterliche Wohnanschrift oder die Wohnanschrift eines Partners in Betracht.
"Ich verstehe nicht ansatzweise, wo die Bundeswehr da eine Befehlsverweigerung sieht", hieß es in der Urteilsbegründung.
Der DV hatte zu voreilig den Vorfall zur Staatsanwaltschaft gegeben. Selbst unter dem Umstand nachträglich gewonnener besserer Erkenntnisse hätte eine Rücknahme der Abgabe oder Information über die aus dem Telefonat sich ergebenden neuen Erkenntnisse nicht genutzt. Denn die Staatsanwaltschaft kann nach StPO den Fall einstellen. Muss es aber nicht. In freiem Ermessen kann der Staatsanwalt den Fall zu Gericht bringen und selbst Freispruch beantragen. Insoweit liegt die Entscheidung über Verurteilung oder Freispruch dann ganz allein beim Gericht. Diese Denkweise finden wir aber bei 90% der Staatsanwälte. Beförderungen bemessen sich nicht an eingestellten Verfahren sondern an den zu Gericht gebrachten Verfahren.
Genau. Dem Chef würde ich keine Vorwürfe machen. Eher dem Staatsanwalt weil er nicht den Arsch in der Hose hatte das Verfahren von sich aus einzustellen. Manche Juristen sind aus menschlicher Sicht für Positionen wie Staatsanwalt in keiner Weise geeignet. Weil der Posten ihnen zu Kopf steigt da sie über dem Gesetz stehen.